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Montag, 15. Juni 2015

Dankbarkeit

Eigentlich


sollte dies ein Blog sein, der sich mit den schönen Dingen des Lebens beschäftigt. Doch heute bin ich mit meinen Gedanken bei Menschen, deren Welt innerhalb weniger Minuten zerstört wurde.

Am vergangenen Freitag Nachmittag ist in dem Bezirk, in dem ich wohne, in der Straße, durch die ich häufig gehe, ein dreizehnjähriges Kind mit seinem Fahrrad tödlich verunglückt.

Und ich schau mir meine Kinder an und bin dankbar. Dankbar für so viel Selbstverständliches, dankbar für ihr Lachen, für ihr Faullenzen, für ihre Gesundheit, für ihr Dasein. 

Aber da ist auch die Angst. Die Angst, die seit der Geburt meiner ältesten, siebzehnjährigen Tochter meine Begleiterin ist - tagein, tagaus. Meistens hält sie sich schweigend im Hintergrund, kommt nur kurz aus ihrem Versteck, um mir ins Ohr zu flüstern: "Hast Du heute eigentlich schon ein Lebenszeichen von Deiner Großen gehört? Hää, noch nicht? Wenn da mal alles in Ordnung ist..." Und meistens kann ich diese gemeine, doch so wahre Stimme zum Schweigen bringen. Ein Anruf, eine Whatsapp-Nachricht, und alles ist wieder gut. Höre ich einen Krankenwagen überlege ich sofort: Wo ist welches Kind? Könnten sie es sein, für die der Krankenwagen fährt? 

Doch dann gibt es diese Momente, wenn du erfährst, dass ein Kind ganz plötzlich gestorben ist. Aus dem Leben gerissen. So abgenutzt dieser Satz ist, so stimmig ist er. Mitten aus dem Leben. Vielleicht hat es sich gerade noch lachend von seinen Freunden ins Wochenende verabschiedet, über die Schule am Montag geredet. Mit seiner Mutter telefoniert, um ihr zu sagen, dass alles in Ordnung ist. Und dann - alles vorbei. Die Eltern. Wie können sie weitermachen? Gibt es etwas, was ihnen hilft? Ich wünsche es ihnen so sehr und kann es mir doch nicht vorstellen. 

Vor ca. vier Wochen ist in einem anderen Bezirk ein achtzehnjähriges Mädchen getötet worden. Sie war auf dem Heimweg, 150 Meter von zuhause entfernt. Sie war zur falschen Zeit am falschen Ort. Achtzehn Jahre!!! Sie hatte gerade die Abiprüfungen hinter sich, ihr ganzes Leben noch vor sich. Warum???

Und meine Angst meldet sich neben der unendlichen Dankbarkeit laut, laut und noch lauter zu Wort: " Du kannst dir nie sicher sein, jederzeit kann das schlimmste passieren, was Eltern passieren kann. Du kannst nichts tun." Und wenn ich das schreibe, fühle ich mich schlecht. Denn ich habe kein recht, mich schlecht zu fühlen, meinen Kindern geht es gut. Und dennoch...

Es kann kein fröhlicher Post sein, mit selbst genähten Kindersachen und dem Augenmerk auf Plotterdateien. Es ist ein trauriger Post. Und ein unendlich dankbarer. Und ich weiß: Wenn eins meiner Kinder morgen mit einer schlechten Zensur nach Hause kommt, dann bin ich mir bewusst, dass das vollends gleichgültig ist!


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